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Gründerstory tensorscope GmbH

Interview mit Prof. Dr. Yohannes Hagos  (Firmengründer)

Was war die Geburtsstunde von tensorscope? 

Im Frühjahr 2016 war ich Leiter einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe in der vegetativen Physiologie der UMG und Geschäftsführer der Firma PortaCellTec biosciences GmbH (PCT) als Zacharias Böhler (IT Experte) ein zweiwöchiges Praktikums bei mir im Labor absolvierte. Bereits am ersten Tag war er darüber verwundert, dass Kolleg*innen mit Hand Zählern an Mikroskopen sassen um Zellen zu zählen. 

Ihm war sofort klar: das geht auch anders. Wahrscheinlich war es genau seine fachfremde Perspektive welche ihn sofort in Lösungen denken ließ. Für ihn war es naheliegend, Künstliche Intelligenz und Bildanalyse zu kombinieren um den Prozess schneller und präziser zu gestalten. 

Dies war die Geburtsstunde der Idee eine Software zur Zählung von Zellen unter einem Mikroskop zu entwickeln. 

Wie ging es dann weiter?

Wir (Mitarbeiter*innen der PCT) haben auf Mikroskopen Aufnahmen von Zellen erstellt, während Zacharias an der Entwicklung einer entsprechenden Analyse-Software arbeitete. 

Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten wir an einem Konzept, bei dem die Mikroskopbilder mit Hilfe einer am Okular befestigten Handy-Kamera aufgenommen, und einer Android-App analysiert werden. Wir haben hierfür mit einem 3-D Drucker Adapter für die Okulare gebaut. Das Konzept hat sich leider als nicht praxistauglich herausgestellt und wurde schlussendlich verworfen. 

In der kommenden Zeit haben wir viele weitere Konzepte entwickelt und wieder verworfen,  am Ende waren Okularkameras die beste Lösung.

Eine Analyse-Art, die Zählung von “Human Embryonal Kidney Cells (HEK)”, ist bis heute in meiner Firma  PortaCellTec Biosciences GmbH sowie in der  Klinischen Pharmakologie der Universitätsmedizin Göttingen  im Einsatz. 

Der erste Preis

2017 wurde uns beim Münchener Startup Weekend  für unsere KI zur Zellzählung der erste Preis verliehen. Für uns ein bedeutender Schritt: Mit dem Preis war ein Arbeitsplatz verbunden, so dass wir mit Gründung der Firma in ein Büro in der Maximilianstraße gezogen sind.

Etwa zur gleichen Zeit hat der Südniedersachsen Innovations-Campus (SNIC) in Göttingen die Arbeit aufgenommen. Dieser unterstützt Innovationen und Unternehmensgründungen. Meine Firma (und unser erster Kunde) PCT sitzt in Göttingen, ich hatte sehr gute Kontakte zur Uni, diversen Laboren und auch auf der Suche nach einem geeigneten Geschäftsführer wurden wir in Göttingen fündig. Es war also nur logisch, dass wir uns für das Accelerator Programm des SNIC bewarben. Die Gründungsmitglieder stellten die Idee vor und wir hatten Erfolg. Kurz darauf folgte der Umzug nach Göttingen.

Da wir bisher alles aus eigener Tasche finanziert haben und wir unsere Idee weiter voran treiben wollten, machten wir uns auf die Suche nach Investoren. Ein erstes Seed-Investment erhielten wir von einer Gruppe an privaten Personen. Auch mit der Unterstützung unseres Inkubators, SNIC, haben wir im Weiteren ein tragfähiges Geschäftsmodell erarbeitet und eine Series-A Finanzierung erhalten. Als Lead-Investor konnten wir die N-Bank Capital Beteiligungsgesellschaft mbH gewinnen, im März 2020 wurden schlussendlich die Verträge unterschrieben, Danach konnten wir endlich wieder all unsere Energie in die Weiterentwicklung und Ausarbeitung unseres Produkts stecken.

Wie kam es zum dem Fokus Spermiogramme?

Wir haben in verschiedene Richtungen gedacht und recherchiert. Auffällig war bei den Spermiogrammen, dass gerade diese Analysen besonders zeitaufwändig sind und eine Menge Erfahrung benötigen. Und obwohl die Richtlinien der Bundesärztekammer und die WHO klar vorgeben, wie Spermiogramme erstellt werden, unterscheiden sich sowohl Methode als auch Qualität bei den Analysen immens. Die Möglichkeit, dass unsere Technologie einen Beitrag zu Qualität und vor allem zur Vergleichbarkeit der Ergebnisse leisten könnte motivierte uns und führte schlussendlich dazu, dass wir uns für die Entwicklung einer Software zur automatischen Erstellung von Ejakulatanalaysen entschieden. Die Arbeiten wurden in enger Zusammenarbeit mit Universitäten, Laboren, Urologen/Andrologen und Reproduktionsmediziner*innen durchgeführt und unter Berücksichtigung der Richtlinien zur Qualitätssicherung der Spermatologie (RiLiBÄK). Beraten wurden wir zusätzlich von Barbara Hellenkemper und Prof. Dr. Eberhard Nieschlag in Münster, zwei ausgewiesene Experten im Bereich Ejakulatanalyse.

Früher lautete der Firmenname “img.ai”. Wie kam es zu der Änderung in “tensorscope”?

Wir haben viele Rückmeldungen zum Namen bekommen. Einige waren unsicher, wie es ausgesprochen bzw. geschrieben wird. Weiterhin wirkte img.ai eher wie ein  Projektname und nicht wie ein Firmenname. Daher erschien es sinnvoll, diesen zu ändern. 

Was ist die Vision von tensorscope?

Meine Vision ist, die vielfältigen und bedeutenden mikroskop-basierten bildgebenden Verfahren in der Wissenschaft und Diagnostik mit spezifischer KI effizienter und zuverlässiger zu machen. Und dass weltweit.  Damit wir einen Beitrag dazu leisten, die Digitalisierung der Mikroskopie voranzubringen.